Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat im Rahmen unserer Initiative „Schau, wo dein Essen herkommt“ eine Studie erstellt mit dem Titel „Vom Winde verweht: Gesundheitsrisiko Pestizidabdrift?“. Der GLOBAL 2000 Umweltchemiker und Kommunikator des Jahres, Helmut Burtscher-Schaden, beleuchtet in der vorliegenden Studie das bislang in der medialen und politischen Diskussion wenig behandelte Thema der Pestizidabdrift, mit Schwerpunkt auf damit verbundene gesundheitliche Risiken.

 

Pestizidabdrift entsteht, wenn im Zuge einer Pestizidanwendung Sprühnebel vom Wind verweht wird, belastete Stäube aus dem Erdreich aufgewirbelt werden oder starke Sonneneinstrahlung flüchtige Pestizidwirkstoffe zum Verdunsten bringt. So gelangen diese Gifte an Orte, für die sie nicht bestimmt sind. Bio-Flächen werden kontaminiert, Ackerpfützen werden zu Giftcocktails, Blumenwiesen zur Insektenfalle und das Frühstück im eigenen Garten zum Fiasko.

 

Viele Betroffene

„Jahr für Jahr erreichen uns dutzende Anfragen von Menschen, die von Pestizidabdrift betroffen sind. Oft ist es ein sich ausbreitender „Chemiegeruch“, der Sorgen weckt und die Menschen in ihre Häuser treibt. Häufige Begleiterscheinungen sind Augenbrennen, Atembeschwerden, Kopfschmerzen, manchmal auch Schwindel und Hautreizungen“, erklärt Burtscher-Schaden: „Die behördlichen Zuständigkeiten scheinen unklar, die Suche nach Hilfe gestaltet sich für die Betroffenen zumeist sehr schwierig, von Erfolg gekrönt ist sie nur selten.“

Die bei GLOBAL 2000 eingehenden Meldungen, von denen dreizehn im vorliegenden Report steckbriefartig zusammengefasst sind, dokumentieren gesundheitliche, wirtschaftliche und ökologische Folgen von Pestizidabdrift. Insbesondere zeigen die zahlreichen Berichte über gesundheitliche Beeinträchtigung, dass der gesetzliche Anspruch der EU-Pestizidverordnung (EC) Nr. 1107/2009, dass Pestizide „keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit“ haben dürften, in der Praxis nicht hält.

 

Anrainer von Friedhof betroffen

Anhand eines Fallbeispiels (wiederkehrende Beeinträchtigung von AnrainerInnen eines Kärntner Friedhofs im Zuge von Unkrautbekämpfungen mit Glyphosat) geht der Report der Frage nach, welches die Ursachen für die offenkundige Diskrepanz zwischen gesetzlichem Anspruch und Realität ist. Es wird gezeigt, dass das Zulasssungsverfahren für Pestizide mit realitätsfernen Modellen arbeitet und deshalb die Gesundheitsrisiken durch Abdrift systematisch unterschätzt werden.

Da es in Österreich keine behördliche Erfassung und Dokumentation von Abdrift-Fällen gibt, werden die damit verbundenen Probleme von offizieller Seite nicht registriert. Sobald der Behörde aber Informationen über Gesundheitsprobleme, die auf den Einsatz eines zugelassenen Pestizids zurückzuführen sind, vorliegen, ist sie verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der Zulassungen zu überprüfen, und diese gegebenenfalls zu korrigieren.

Dieser im Gesetz verankerte „Feedback-Mechanismus“ kann aber nur dann funktionieren, wenn entstehende Pestizid-Schäden tatsächlich von der Behörde erfasst und ausgewertet werden.

 

 

(C) Pixabay

Besserer Schutz gefordert

Für einen besseren Schutz von Mensch und Umwelt vor Schäden durch Pestizidabdrift schlägt GLOBAL 2000 daher folgende Maßnahmen vor:

  • Schaffung eines zentralen Melderegisters zur Dokumentation von Abdrift-Fällen und anderen Formen der Pestizid-Schädigungen, etwa bei der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES).
  • AnrainerInnen von landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf denen Pestizide ausgebracht werden, müssen das Recht bekommen, unverzüglich Auskunft über die Art der ausgebrachten Pestizide zu erhalten.
  • Es ist sicherzustellen, dass die zuständigen Stellen auf Bezirks- und/oder Landesebene auf Abdrift-Meldungen und Beschwerden kompetent reagieren und Betroffene bei der Klärung des Falles im Rahmen ihrer Zuständigkeiten unterstützen.
  • Die Einhaltung der Anwendungsbestimmungen muss durch Beratung stärker gefördert und durch unabhängige Kontrollen stärker überprüft werden.

 

Links:

Studie abrufbar hier

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